100 Milliarden weisen in die falsche Richtung
06. Apr 2022
Am 8. April 2022 wird der Bundesrat über eine Änderung des
Grundgesetz-Artikels 87a beraten, in dem ein "Sondervermögen Bundeswehr" in Höhe von 100 Milliarden Euro verankert werden soll. In den
darauffolgenden Wochen wird der Deutsche Bundestag darüber entscheiden.
Bundeskanzler Scholz hatte dies in seiner Regierungserklärung am 27.
Februar 2022 als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg auf die
Ukraine angekündigt.
pax christi hält eine
solch weitreichende Aufrüstungsverpflichtung mit Verfassungsrang für den
falschen Weg und hat Sorge, dass diese größte Rüstungsinvestition in
der deutschen Nachkriegsgeschichte zu einer neuen Rüstungsdynamik führt.
Sie widerspricht dem in der Präambel des Grundgesetzes verankerten
Friedensgebot.
Einen sachlichen Zusammenhang
zwischen dem Angriff Russlands auf die Ukraine und dem 100
Milliarden-Sondervermögen Bundeswehr, das die Ausstattung der Bundeswehr
für die Landesverteidigung verbessern soll, gibt es nicht. Die Mängel
in der Ausrüstung sind nicht in erster Linie ein finanzielles Problem,
sondern eins in Beschaffung, Logistik und interner Organisation. Auch
die bisherigen Steigerungen des Rüstungsetats haben daran wenig
geändert.
Woher werden die Mittel kommen
angesichts eines Rekordhaushalts von 460 Milliarden für 2022 bei einer
geplanten Neuverschuldung von 99 Milliarden? Geplant ist, bei den
Ärmsten der Armen zu sparen. Im Bundeshaushalt sind Kürzungen bei der
Entwicklungszusammenarbeit und Humanitären Hilfe um 1,6 Milliarden Euro
vorgesehen. Die Preisexplosion bei Weizen z. B. führt dazu, dass
das Welternährungsprogramm die Nahrungsmittelhilfe in Hungergebieten wie
dem Jemen stark einschränken muss. In Afghanistan sind 18 Millionen
Menschen, die Hälfte der Bevölkerung, unterernährt und hungern. Die
massive Erhöhung des Rüstungsetats und die Kürzung des
Entwicklungsetats verhindern die finanzielle Bewältigung der Bedrohung
von Nahrungsmittel- und Energiesicherheit, der Klimaverwerfungen und der
globalen Ungerechtigkeit. Sie drohen zur Quelle neuer Kriege zu werden.
Die
Zusage im Koalitionsvertrag, dass die Ausgaben für Krisenprävention,
humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit u. a. steigen sollen "wie
bisher im Maßstab eins zu eins wie die Ausgaben für Verteidigung … auf
Grundlage des Haushalts 2021" ist damit gebrochen.
pax
christi plädiert für eine andere Zeitenwende. pax christi engagiert
sich für mehr Vertrauen in die Kraft des Zivilen. Denn die brauchen
Deutschland und Europa, um den Herausforderungen der "Polypandemie" einschließlich Klimawandel und wieder wachsendem Hunger in
rechtsbasierter internationaler Zusammenarbeit begegnen zu können.
Deutschland benötigt den Ausbau ziviler Instrumente, um Sicherheit für
die Menschen zu schaffen. Menschliche Sicherheit braucht nicht mehr
Waffen, sondern humanitäre Hilfe.
Im April 2022
Der pax christi Bundesvorstand